
Rhodes-Modelle
Harold Rhodes (geboren 1910) konstruierte das wohl am weitesten verbreitete und bis heute bedeutendste elektrische Piano. Das Rhodes wurde 1946 ursprünglich als Klavierersatz für Unterricht und Truppenbetreuung konzipiert und vom Gitarrenhersteller Fender ab 1956 erfolgreich vermarktet. Das Fender Rhodes begann seinen Siegeszug im Bereich Jazz und insbesondere Electric Jazz. Im Bereich der Rock- und Popmusik wurde es nach der Übernahme der Produktion 1965 durch den Hersteller CBS noch beliebter. Der Markenname ziert einige Synthesizer, die vom nicht mehr existierenden Hersteller ARP entwickelt worden waren. Das Namensrecht lag eine Zeit lang beim japanischen Hersteller Roland, der mehrere elektronische Pianos unter dem Namen „Rhodes“ auf den Markt brachte. Von 1997 bis zu seinem Tod im Dezember 2000 lagen die Namensrechte wieder bei Harold Rhodes persönlich.
Das Rhodes-Piano war als Suitcase-Piano (mit Vorverstärker und zweikanaligem Kofferverstärker) sowie als Stage-Piano (ohne Verstärker) erhältlich. Beide Versionen verfügten über 73 Tasten, einen mit Vinyl bespannten Holzrahmen mit abgerundetem Kunststoffdeckel und waren portabel. Seit 1973 gab es das Rhodes nicht nur mit 73, sondern auch in einer Version mit 88 Tasten. Die kleinen Celeste- und Bass-Varianten spielten eine geringere Rolle. Das MkII ab 1978 verfügte über einen flachen anstelle eines gerundeten Deckels. Mit dem flachen Deckel begegnete man dem Bedürfnis zahlreicher Keyboardspieler, weitere Keyboards auf dem Rhodes abzustellen. 1984 wurde das verbesserte Mark V vorgestellt, das mit MIDI-Output erhältlich war!
Mitte der 1980er ging die Produktion jedoch zurück, da viele Keyboardspieler sich für die sehr viel leichteren und flexibleren digitalen Synthesizer begeisterten, die zu diesem Zeitpunkt auf den Markt kamen. Diese konnten mühelos den Sound eines Rhodes simulieren und sehr interessante E-Piano-Klangfarben erzeugen.
Die Klangerzeugung des Rhodes-Pianos beruht auf Metallzungen, die wie Stimmgabeln funktionieren und mit einer Hammermechanik angeschlagen werden. Deren Funktionsprinzip gleicht wiederum weitgehend dem eines akustischen Klaviers. Die Metallzungen werden mit einer anschlagsdynamischen Hammermechanik angeschlagen. Die asymmetrisch geformten Stimmgabeln bestehen aus einem dünnen, runden Metallstab, „Tine“ genannt, und einem wesentlich größeren Metallstück, „Tone Bar“ genannt. Beide sind über einen Bolzen verbunden. Der „Tone Bar“ ist aus konstruktiven Gründen teilweise um 90 Grad verdreht. Die Tine wird durch die Masse einer Spiralfeder gestimmt, die auf der Tine verschoben werden kann. Die Tine schwingt dicht vor einem elektrischen Tonabnehmer, ähnlich wie bei einer elektrischen Gitarre. Dieses induktive Oszillation-Funktionsprinzip mit einem Magneten in einer Spule gleicht dem Funktionsprinzip eines Pickups für eine elektrische Gitarre. Auf den Klang des E-Pianos wirkt sich auch die schwingungsdämpfende Wirkung dieser Magneten aus.
Ähnlich wie bei der E-Gitarre ist das elektrische Output-Signal recht schwach und bedarf einer Vorverstärkung. Der Klang ist sehr grundtönig. Deshalb bietet sich beim Spielen des Rhodes-Pianos eine Anhebung der Höhen oder eine Verzerrung durch Übersteuerung an. Ein Rhodes spielt man am besten über Röhrenverstärker.
Der charakteristische Sound der einzelnen Rhodes-Modelle hängt eher von der Einstellung, von etwaigen Modifikationen sowie vom Pflegezustand des einzelnen Instruments ab, als vom Modell selbst. Sehr frühe Modelle hatten mit Filz bespannte Hämmer, die einen weicheren Klang hervorriefen als die späteren mit Neopren bespannten Hämmer. Das Suitcase-Piano verfügt über einen Vorverstärker, der dem Sound kernige Mitten verleihen kann. Geeignete externe Vorverstärker können diese jedoch auch dem Stage-Piano entlocken. Das Modell MkII verfügt nicht wie die früheren Modelle über die Resonanzklammern im Diskant und hat weniger Sustain in den hohen Lagen. Die signifikantesten klanglichen Änderungen ergeben sich aus dem Abstand der Tine zum Tonabnehmer. Ist die Tine in der Nähe des Tonabnehmers eingestellt, wird der glockige Höhenanteil präsenter. In den 1980er Jahren wurden die Pianos bereits ab Werk glockiger eingestellt.
Hinweis: Die Vintage Electric Piano-Modelle „Metal Piano“ und „Attack Piano“ orientieren sich an idealisierten Klangeigenschaften, die man tendenziell auch mit dem Rhodes erzielen kann. Diese Modelle eignen sich zwar nicht für realistische Rhodes-Sounds, sollen dir aber dennoch nicht vorenthalten werden, da sie Soundideale repräsentieren, die mit verschiedenen Rhodes-Modifikationen angestrebt wurden.